Lost places in Nordfriesland - Andrea Jaeger erweckt sie zu neuem Leben

In Schleswig-Holstein werden seit 2011 Bundeswehrliegenschaften verkleinert, verlagert oder aufgegeben.  Andrea Jaeger kümmert sich um die sinnvolle Nachnutzung dieser Flächen. Wie sie das genau anstellt und welche Herausforderungen das mit sich bringt, erzählt sie uns im Interview.

Andrea, was macht eine Fläche zur Konversionsfläche?

Dass sie vorher im Besitz des Bundes war und zu einem bestimmten Zweck genutzt wurde. Wenn diese Nutzung - ob militärisch oder durch eine anderen Bundesbehörde - aufgegeben wurde, dann kann die Fläche an die Gemeinde, in der sie sich befindet, oder an Private verkauft werden. Den Prozess der Umnutzung, bzw. Nachnutzung einer Bundesliegenschaft bezeichnet man als Konversionsprozess.

 

Für wen sind diese Flächen interessant?

Oftmals werden Konversionsflächen von der jeweiligen Gemeinde erworben. Beispielsweise, wenn die Gemeinde in ihrem Gebiet neuen Wohnraum schaffen möchte. Wenn die Gemeinde eine Fläche vom Bund erwirbt, um ihrer Daseinsvorsorge nachzukommen - dazu zählt die Schaffung von Wohnraum oder auch Abfallentsorgung - dann erhält sie ein Vorkaufsrecht gegenüber privaten Bietern.

Falls die Kommune von diesem Recht keinen Gebrauch machen möchte, wird die Fläche an Private, in der Regel an Unternehmen, verkauft. Diese Flächen können für verschiedene Unternehmen interessant sein. Wenn jemand beispielsweise ein gut gesichertes Areal benötigt. Für Firmen, die Forschung und Entwicklung betreiben, oder solche, die wertvolle oder gefährliche Produkte/ Güter irgendwo unterbringen wollen, sind ehemalige Bundeswehrflächen oft ideal. Feuerwerkskörper lassen sich beispielsweise sehr gut in Bunkern und ehemaligen Munitionsdepots lagern. Gleiches gilt aber auch für die sichere Unterbringung von Daten. Es gibt Firmen, die sich gezielt darauf spezialisiert haben, Hochsicherheits-Datencenter in alten Bunkeranlagen unterzubringen.

 

Sind alle Flächen ohne Probleme nutzbar?

Nein, leider nicht. Die Herausforderung bei eigentlich allen ehemaligen Bundesliegenschaften ist das Planrecht. Gebäude, die der Bund errichtet hat, müssen meistens vom zuständigen Bauamt neu genehmigt werden. Die Flächen sind planungsrechtlich gesehen ein "weißer Fleck" und müssen in den meisten Fällen komplett neu beplant werden, inklusive aller Untersuchungen: Naturschutz, Denkmalschutz, aber auch Brandschutz und Statik der Gebäude.

 

Was spricht für den Standort Nordfriesland?

Alles! Vor allem das große Potenzial an erneuerbaren Energien, insbesondere Windenergie. Ich habe mal jemanden sagen hören "der Wind ist unser Rohstoff". Das ist meiner Meinung nach eine sehr schöne Beschreibung dessen, was gerade passiert. Die Kohle lieferte die Energie für die industrielle Revolution, wir liefern den Kraftstoff für die Energiewende. Dabei ist es uns wichtig, dass die Wertschöpfung nah an der Erzeugung stattfindet. Das bedeutet, dass der Windstrom dort genutzt wird, wo er produziert wird - Beispielsweise zur Erzeugung von Wasserstoff.

 

Wie sieht deine Arbeit aus?

Vor allem rede ich sehr viel (lacht). Ich stehe in engem Kontakt zu den Bürgermeistern der Konversionskommunen, zu der BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die die offizielle Eigentümerin der Bundesflächen ist) und zu den Landes- und Kreisbehörden. Darüber hinaus laufen Investorenanfragen bei mir auf, die ich bei Bedarf bis zum Bieterverfahren begleite und berate.

 

Wie bringst du Gemeinden und Investoren zusammen?

Das geht am besten bei einem Kaffee. Sofern ein Investor ein ernsthaftes Interesse hat, schlage ich demjenigen vor, die Fläche einmal zu besichtigen und sich bei der entsprechenden Gemeinde vorzustellen. Das geht erst einmal ganz zwanglos. Niemand muss direkt beim ersten Treffen ein fertiges Nachnutzungskonzept vorlegen. Wichtig ist im ersten Schritt, dass die Idee mit den Wünschen und Entwicklungszielen der Gemeinde übereinstimmt. Dann muss man schauen, dass diese Idee auch in den übergeordneten Kontext der Kreis- und Landesplanung passt. Das kann man aber alles gemeinsam erarbeiten.

 

Gab es bisher eine besonders außergewöhnliche Investitions-Idee?

Na ja, es gibt häufig Anfragen mit hochtrabenden Projektideen, die sich dann leider im Nachhinein als Luftschlösser herausgestellt haben. Aber ein sehr besonderes Projekt, auf das der Kreis sehr stolz sein kann, ist der GreenTEC Campus. Die Fläche ist rd. 130 ha groß und war mal ein Munitionsdepot. Heute ist es ein moderner Gewerbepark, auf dem innovative Ideen in die Praxis umgesetzt werden. Dort hat sich beispielsweise die Firma Off-Tec angesiedelt, die Sicherheitstrainings für Rettungskräfte und Spezialeinheiten auf See, Windanlagentechniker oder andere Menschen aus der maritimen Branche anbietet. Zum Trainingscenter gehört daher, neben einem Trainingswindpark, auch ein Schwimmbad, in dem über 2 Meter hohe Wellen produziert werden können. Auf diese Weise kann das Überleben auf See so realitätsnah wie möglich trainiert werden.

 

Was gefällt dir an deiner Arbeit besonders?

Dass es nie langweilig wird. Jeder Tag ist anders und ich treffe die unterschiedlichsten Menschen: Vom Bürgermeister, über Planer, Unternehmer und Start-ups bis hin zu Landtags- und Bundestagsabgeordneten. Die Themen, mit denen ich konfrontiert bin, sind so vielfältig, dass ich gefühlt jeden Tag etwas dazulerne. Das ist schon faszinierend. Besonders gut gefallen mir aber tatsächlich die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite. Die Bürgermeister und Gemeindevertreter, ob Ehren- oder Hauptamtlich, sind so engagiert und setzen sich wirklich für ihre Region ein, damit auf den Flächen des Bundes etwas Neues entstehen kann. Das Engagement zieht mich mit und motiviert mich bei meiner täglichen Arbeit. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass wir als Region vorankommen.

 

Was wünscht du dir für die Zukunft?

Dass alle Flächen, die jetzt noch im Bundesbesitz sind, verkauf werden und dass auf diesen Flächen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Ich wünsche mir, dass mehr Menschen aus der Region die Möglichkeit haben, in Nordfriesland zu bleiben und hier einen Job zu finden, anstatt in die großen Städte abzuwandern. Und ich wünsche mir langfristige und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung auf den Flächen, damit der Weggang der Bundeswehr nicht nur Nachteile für die Gemeinden bringt.

Um die wirtschafts- und regionalpolitischen Folgen des Truppenabbaus aufzufangen und nachhaltige Entwicklungschancen zu erschließen, unterstützt die Landesregierung Schleswig-Holstein die betroffenen Kommunen. Im Oktober 2019 wurde das Regionalmanagement in seiner Förderung vom Land Schleswig-Holstein bis zum Jahr 2022 verlängert.

 

Die aktuell verfügbaren militärischen Nutzflächen entnehmen Sie bitte der Gewerbeflächen-Übersichtskarte.

Kontakt zu Andrea Jaeger

Andrea Jaeger

Projektmanagement Konversions- und Gewerbeflächen

Schloßstraße 7
25813 Husum
+49 4841 6685-14
+49 4841 6685-16
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