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Erneuerbare Energie made in NF

821 Windräder und 240 Biogasanlagen stehen in Nordfriesland, außerdem sind hier Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 350 Megawatt installiert. Im Friedrich-Wilhelm-Lübcke-Koog ging vor 30 Jahren der erste Bürgerwindpark ans Netz, 1989 fand in Husum die erste Windmesse statt. „Da die Erneuerbaren Energien neben dem Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region sind, haben wir sie seit der Gründung der Wirtschaftsförderung vor 20 Jahren mit verschiedenen Projekten begleitet“, berichtet Dr. Matthias Hüppauff, Geschäftsführer der WFG NF.

 

Aktuell ist die WFG NF Trägerin des Projekts „Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein EE.SH“, das, wie der Name schon sagt, als Wirtschaftscluster für die Erneuerbaren Energien (EE) in Schleswig-Holstein über Nordfriesland hinaus alle EE-Unternehmen und Branchenverbände des nördlichsten Bundeslandes unterstützt. Finanziert wird es vom Land und der EU sowie von mehreren Kooperationspartnern. EE.SH-Projektleiter Axel Wiese erklärt: „Das Ziel ist die Energiewende, also die Vollversorgung mit 100 % erneuerbaren Energien nicht nur im Stromsektor, sondern auch in den Bereichen Wärme/Kälte, Transport und Verkehr sowie Industrie und Gewerbe. Wir wollen dazu beitragen, dass sie mit innovativen Geschäftsmodellen aus Schleswig-Holstein gelingt und zur Wertschöpfung gerade in ländlichen Regionen beiträgt.“

Strom von hier bringt Arbeitsplätze und Gewerbesteuern

Viele Gemeinden in Schleswig-Holstein profitieren von Windparks. Pro installiertem Megawatt könne man mit jährlich 10.000 Euro Gewerbesteuern rechnen, erklärt Reinhard Christiansen, Windkraft-Pionier aus Ellhöft und Vorsitzender des Landesverbands Erneuerbare Energien. EE.SH-Projektmanager Holger Arntzen schätzt, dass Arbeitsplätze in den regionalen Servicebetrieben und die Einnahmen aus den jährlichen Ausschüttungen der Bürgerwindpark-Anteile einen noch größeren Wirtschaftsfaktor darstellen, da die Menschen dieses Geld in der Regel in der Region ausgeben. Arntzen ist einer der Verfasser des „Leitfaden Bürgerwindpark“. EE.SH hat 2019 zusammen mit den regionalen Unternehmen ARGE Netz GmbH & Co, ee-Nord GmbH & Co. KG, Ingenieurbüro Holst GmbH & Co. KG und WEB Andresen GmbH die vierte Auflage herausgegeben.

 

Außerdem ist Holger Arntzen zusammen mit Benny Wilms Geschäftsführer des Windtestfeld-Nord in der Südermarsch. „Die Idee eines Schaufensters für innovative Windkraftanlagen in unmittelbarer Nähe der Messe entstand bereits in den ersten Jahren der WFG NF“, berichtet Dr. Matthias Hüppauff. Besonders der viel zu früh verstorbene, frühere WFG-Prokurist Matthias Volmari trieb die Idee voran. Auch der Bürgermeister der Südermarsch, Nordfrieslands Landrat und die Stadtwerke Husum waren von Anfang an mit im Boot. 2013 wurde die Windtestfeld-Nord GmbH gegründet, seit 2017 stehen dort sechs Test-Anlagen. An diesen Prototypen werden neben kompletten Neuentwicklungen zum Beispiel geräuschärmere Getriebe oder neue Flügel-Designs erprobt. Nach spätestens 12 Jahren müssen sie abgebaut werden, um den nächsten Bewerbern um einen Test-Standort Platz zu machen. „Die Bedingungen sind so nah an der Küste ideal, schon nach wenigen Monaten haben die Anlagen die Betriebsstunden unter Volllast erreicht, die sie für eine technische Zulassung brauchen“, erklärt Arntzen.

Vom Windrad zum klimaneutralen Rechenzentrum

„Nach der anfänglichen Konzentration auf die Windenergie sind wir jetzt dabei, alle Erneuerbare-Energie-Branchen zu vernetzen und beim Strukturwandel hin zu einer smarten und sektorenübergreifenden Nutzung der Energie zu begleiten“, sagt EE.SH-Projektleiter Axel Wiese.

 

Viele Projekte und innovative Unternehmen in Nordfriesland zeigen, wie sich erneuerbare Energien nutzen lassen, um die Mobilitäts- und Wärmewende einzuleiten und Schritt für Schritt den gesamten gewerblichen Sektor ohne Kohlendioxidausstoß zu betreiben, also zu dekarbonisieren.

  • Die ARGE Netz GmbH & Co. KG in Husum (arge-netz.de/) bündelt 4.000 Megawatt installierte Leistung seiner 370 Gesellschafter aus Wind, Photovoltaik und Biomasse und betreibt damit eine Art Schwarm-Kraftwerk; das Tochter-Unternehmen ane.energy will nun künstliche Intelligenz einsetzen, um digitale Lösungen zur Vermarktung erneuerbarer Energien zu entwickeln.
  • eFarm: In dem von GPJoule (Reußenköge) initiierten Verbundprojekt wird mit Strom aus regionalen Bürgerwind- und Solarparks grüner Wasserstoff erzeugt, um Brennstoffzellen-Busse zu betanken und im ÖPNV zwischen Niebüll und Husum einzusetzen: https://www.gp-joule.de/referenzen/efarm
  • Das Unternehmen Energie des Nordens in Ellhöft baut am dortigen Bürgerwindpark einen Elektrolyseur und eine Tankstelle für grünen Wasserstoff. Auch die Firma Dirkshof/ eed (Reußenköge) plant, grünen Wasserstoff zu produzieren.
  • Auf dem GreenTEC Campus in Enge-Sande (www.greentec-campus.de/netzwerk/) sind 11 Unternehmen der Erneuerbare-Energien-Branche angesiedelt, darunter der Kleinwindanlagen-Hersteller EasyWind, MOTEG, der Nutzfahrzeuge auf Elektro-Antrieb umrüstet, das Offshore-Trainingszentrum OffTEC und WindCloud, ein Rechenzentrum mit negativer CO2-Bilanz
  • Nordgröön (Medelby, www.nordgroon.de) hat seinen Hauptsitz zwar im Nachbarkreis, arbeitet aber eng mit dem Bredstedter Unternehmen North-tec zusammen, einem Hard- und Software-Ausrüster für Biogasanlagen. Nordgröön vermarktet den Strom von Biogasanlagen und anderen EE-Erzeugern aus ganz Schleswig-Holstein.
  • SkyPower100: Bei Klixbüll wird eine Flug-Windkraftanlage erprobt – im Prinzip ein Kite an einem Drahtseil, das sich wie ein Jo-Jo aufspult und wieder abrollt und dabei Strom erzeugt.
  • Sprakebüll ist die Gemeinde mit der bundesweit höchsten Dichte an Elektro-Autos pro Einwohnern – aktuell sind es 30 Autos auf 250 Einwohner. Die meisten tanken Strom vom eigenen Dach. Angestoßen hat diese Entwicklung die Firma Solar Energie Andresen.

„Das sind nur die innovativsten Projekte und Firmen aus Nordfriesland, und auch davon nur eine Auswahl“, betont EE.SH-Projektleiter Axel Wiese. „Ich könnte noch viele weitere aus ganz Schleswig-Holstein aufzählen, die wir mit Erstberatungen, Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen.“

SCALE-UP und viele Kooperationspartner

Zum EE.SH-Team gehören außer Axel Wiese und Holger Arntzen auch Martina Christiansen, Sina Clorius und Katja Rosenburg. Martina Christiansen managt zusätzlich das Interreg North Sea Region-Projekt SCALE-UP. Zusammen mit 6 europäischen Clustern aus Schweden, den Niederlanden, Belgien, dem Vereinigten Königreich, Dänemark und Deutschland veranstaltet sie zielgerichtete Matchmaking-Events, um kleine und mittlere Cleantech-Unternehmen mit großen Unternehmen in Kontakt zu bringen. Ziel ist es, die Zusammenarbeit in Form von gemeinsamen Investitionen, Forschungsvorhaben oder Pilotprojekten zu initiieren. „Nur mit Innovationen kann die Energiewende gelingen – und viele Ideen und Pilotprojekte kommen aus Schleswig-Holstein“, erklärt Marina Christiansen.

 

Projektträger von EE.SH sind die WFG NF und die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein (WT.SH). Kooperationspartner sind das Hochschulcluster EEK.SH, die EE-Cluster von Hamburg und Dänemark (EEHH und Energy Cluster Denmark), die Branchenverbände LEE SH und watt_2.0, das Enterprise Europe Network, die Messe Husum & Congress sowie die Wirtschaftsförderungen von Brunsbüttel (egeb), Kiel und Rendsburg-Eckernförde. EE.SH wird gefördert aus dem Landesprogramm Wirtschaft – Europäischer Fonds für regionale Entwicklung.

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