Konversion: Innovationen zwischen Bunker und Naturschutzgebiet

Bunker und Hallen, Verwaltungsgebäude, Betonpisten und viel grünes Gelände – Investoren und sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten für die ehemaligen Bundeswehr-Standorte in Nordfriesland zu finden gehörte von Anfang an zu den Aufgaben der Wirtschaftsförderung Nordfriesland (WFG NF). „Die Konversion erfordert viel Netzwerkarbeit zwischen Gemeinden, Investoren und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der BImA“, erklärt WFG NF-Geschäftsführer Dr. Matthias Hüppauff. Andrea Jaeger, Konversions-Expertin im Team der WFG NF, ergänzt: „Die Liegenschaften haben oft eine solide Bausubstanz mit Hallen oder Bunkern und verfügen über schwerlastfähige Zuwegungen. Wen die zum Teil etwas versteckte Lage nicht stört, der kann sie sofort nutzen.“ Andrea Jaeger setzt die Arbeit ihrer Vorgänger Steffen Volk und Bernd Franke fort. Das Regionalmanagement Konversion Nordfriesland wird mit Mitteln des „Landesprogramms Wirtschaft" des Landes Schleswig-Holstein gefördert.

Der ehemalige Militärflugplatz Leck

Ein Beispiel für die vielfältigen Möglichkeiten der Konversion ist der ehemalige Militärflugplatz Leck. Ein Teil der ehemaligen Landebahn wird seit einem Jahr vom Kraftfahrtbundesamt für Testfahrten mit Abgasmessung genutzt, während nördlich davon ein Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde. Der nicht geschützte Bereich soll in Zukunft sowohl ein Wohngebiet als auch einen Gewerbepark beherbergen. Aktuell wird dort ein Konzept für die Nutzung von Drohnen (Unmanned Air Mobility UAM) entwickelt. Für das Projekt „UAM Inno-Region SH“ hat das Bundesforschungsministerium bis Sommer 2021 250.000 Euro für die WFG NF und ihre beiden Partner – die Hochschule Flensburg und die Fachhochschule Heide - zur Verfügung gestellt, zunächst für erste Studien, in welchen Bereichen Drohnen zum Einsatz kommen könnten: für eine nachhaltige Forst- und Landwirtschaft, für die Versorgung der Halligen, im Natur- und Küstenschutz. Für die Umsetzung der Ideen hofft Andrea Jaeger auf eine Verlängerung und Erweiterung des Projekts. „Ein Entwicklungs- und Testzentrum für Drohnen hier in Nordfriesland ist unser Ziel“, erklärt sie.

Erfolgsgeschichten von Sylt bis Enge Sande

Seit den 1990erJahren hat sich die Bundeswehr, heute noch mit wichtigen Einheiten in Husum, Stadum und Bramstedtlund vertreten, Stück für Stück von 16 Standorten in Nordfriesland zurückgezogen. „Damit fielen mehrere Tausend Arbeitsplätze weg – das war ein schwerer Schlag für die Region“, erinnert sich Dr. Hüppauff. Für die Standorte auf Sylt fanden sich schnell Investoren, neue Hotels und Wohnungen entstanden. Am Festland entwickelte sich der Standort Enge-Sande zu einem Leuchtturmprojekt: 2011 unterschrieb Marten Jensen, heute Geschäftsführer der GreenTEC Campus GmbH, die damals noch „Militärdepot Enge“ hieß, den Kaufvertrag. Heute ist das Gelände ein Gründerzentrum für Firmen aus der Erneuerbare-Energie-Branche. Unter anderem gibt es ein Trainingszentrum für Offshore-Techniker mit einem Wasserbecken, in dem man Hochseebedingungen simulieren kann, eine Firma, die Busse auf Elektromotoren umrüstet, eine Teststrecke für ein selbst fahrendes Taxi, das Datenzentrum der Firma WindCloud 4.0, das mit seiner Abwärme eine Algenzucht versorgt – und einen Natur-Lehrpfad.

 

Nicht immer verläuft die Konversion so reibungslos wie in Enge-Sande. Oder wie in Löwenstedt, wo Feuerwerkskörpern im ehemaligen Munitionsdepot gelagert wurden, oder in Bramstedtlund, wo ein Zentrum für Logistik und Fertigung von Jahrmarkt-Holzhütten einzog. „Es dauert eben seine Zeit, bis ein tragfähiges Nachnutzungskonzept mit allen Behörden abgestimmt ist – es müssen ja Naturschutz, Städtebau- und Planungsrecht berücksichtigt werden“, erklärt Andrea Jaeger. Wenn dann noch eine Bundesbehörde wie das Kraftfahrtbundesamt oder die Bundespolizei oder das Land Eigenbedarf anmelden, kann sich der Prozess zusätzlich verzögern. Aber die Regionalmanagerin ist sich sicher: „Nordfriesland steckt voller Ideen, und Platz für Rechenzentren oder Logistik wird gebraucht – wir werden bestimmt für alle Liegenschaften eine sinnvolle Nachnutzung finden.“

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